Kulturfahrt 1. - 8.6.2019 in die Île de France - Bericht von Dr. Uschi Renner

Für die diesjährige "Kulturfahrt" hat sich unsere 1. Vorsitzende Claudia Ebert wiederum einen Höhepunkt der vielen schönen und lohnenswerten Regionen Frankreichs ausgesucht - und wie immer war die Reise bestens organisiert!

Bei schönstem Wetter ging es in das nordwestlich von Paris gelegene, sehr ländliche Departement Val d’Oise, in die Nähe von Pontoise, nach Enneryim regionalen Naturpark Vexin francais. Unterwegs wird für Sonntagabend eingekauft, und es gibt einen Sektempfang mit dem ausgezeichneten Roten von Hans und mit den wie immer toll schmeckenden und aussehenden Quiches von Uli. Die anderen Kuchen der zahlreichen Bäckerinnen heben wir uns für spätere Anlässe auf.

Das schmucklose Hotel liegt an einem Golfplatz, auf einem Hügel, und bietet abends einen tollen Blick auf die in der Ferne leuchtende Metropole – man erkennt sogar den Eiffelturm. Nach dem Einchecken fahren wir ins sehr gute Restaurant „Le Capriccio“ nach Génicourt. Wir genießen gegrillte Artischocken, Fischfilet mit Safran-Butter-Sauce und Crèpes mit Karamel – köstlich. „Zuhause“ gibt es noch einen Absacker auf dem Parkplatz.

Am Sonntag werden wir von einem ausgezeichneten Frühstücksbuffet mit u.a. feinsten Croissants überrascht. Nach einer längeren Busfahrt wandeln wir in Auvers-sur-Oisebei herrlichem Wetter auf den Spuren von Vincent Van Gogh (30.03.1853 – 29.07.1890). Die Einheimischen sind bei der Suche nach dem zwar an der Hauptstraße, aber etwas versteckt liegenden Tourismusoffice nicht hilfreich. Dort treffen wir nämlich unsere Führerin. Sie spricht sehr gut Deutsch und führt uns durch den hübschen Ort von Motiv zu Motiv, wie z.B. das fahnengeschmückte, kleine Rathaus. Van Gogh hat hier in seinen letzten Monaten über 80 Bilder gemalt. In der Auberge Ravoux stehen wir in seiner winzigen Sterbe-kammer – er hatte sich in die Brust geschossen und hierher geschleppt - und auf dem Friedhof draußen vor der Stadt vor seinem schlichten Grab. Sein Freund Charles Francois Daubigny, dessen Atelier wir auch besichtigen, hatte hier das „schwimmende Atelier“, ein umgebautes Boot, erfunden, der Beginn der Freiluftmalerei. In Daubignys Atelier gibt es eine Sonderausstellung: Karrikaturen von Daumier über Europa aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg, die seltsam aktuell sind… Abends gibt es ein vergnügtes Picknick auf der vernachlässigten Terrasse des nahen Schloss Hermitage unter alten Bäumen. Deren Restaurant hat nämlich sonntags zu. Und wieder einen Rotwein-Absacker auf dem Parkplatz.

Am Montag ist es grau und trüb, und die Temperaturen sind geradezu abgestürzt. Wir bummeln bezaubert durch die traumhaft schöne Gartenanlage von Claude Oscar Monet in Giverny. Sogar die Seerosen blühen! 1890 konnte er das bislang gemietete Haus kaufen und weiteres Gelände dazu, um es gärtnerisch anzulegen, den späteren „japanischen Garten“ mit dem berühmten Seerosenteich. Am 5.12.1926 ist Monet gestorben und wurde im Garten beerdigt. 1874 etablierte sich der Begriff „Impressionisten“, erfahren wir. Eine Unzahl von Touristen befindet sich mit uns im Gelände, und beim Rundgang durch das Haus heißt es erst einmal anstehen. Sein zuletzt gebautes, großes Atelier in einem Nebengebäude ist heute der Shop. Es beginnt zu regnen, aber Rauchopfer von Uschi lassen den Regen bald versiegen, und es wird wieder freundlich. Auf dem Parkplatz bauen wir unser Picknick auf. Irene und Dr. Peter Worst haben kenntnisreich eine Weinprobe – diverse Chablis und einen roten Beaujolais – zusammengestellt und erläuterten uns die Bedeutung des Weinanbaus in Frankreich (800.000 Hektar). Abends essen wir im Restaurant des Schloss Hermitage. Wir genießen Melone und Serrano-Schinken, Dorade mit Gemüseschiffchen und Blätterteig mit Erdbeeren und Eis. 

Am Dienstag verlassen wir Ennery, und fahren bei zunächst strömendem Regen in den nördlichen, ärmlichen Vorort von Paris, St Denis. Die dortige Kathedrale (UNESCO Weltkulturerbe) gilt als einer der Gründungsbauten (1120 unter Abt Suger) der Gotik und ist seit dem 6. Jahrhundert die Grablege der Merowinger, Karolinger und der französischen Könige. Tatsächlich sind es oft leere Sarkophage, weil während der französischen Revolution sehr viel zerstört worden war. Wir besichtigen mit bequemen Audioguides. Wir fahren weiter. Nur wenige Kilometer vom Moloch Paris entfernt fahren wir wieder durch ausgeprägt ländliche Gegenden mit nur wenigen Ortschaften. Am späten Nachmittag kommen wir – nach einem Abstecher in Le Meaux, bekannt für seinen Käse und seinen Senf, aus dem wir nur dank der stupenden Fahrkünste von Rolf überhaupt wieder herauskamen, und nach einem Picknick im Grünen – in Provinsim Departement Seine-et-Marne an, UNESCO Weltkulturerbe, im Mittelalter ein wichtiger internationaler Messeplatz. Es ist wieder schön und warm geworden. Das IBIS-Hotel liegt ca 15 Minuten Fußweg von der Stadtmauer der Oberstadt entfernt. Wir essen im Hotel. Geboten werden Lachstartar mit Guacamole, sehr gutes Rindergulasch und Profiteroles. 

Am Mittwochmorgen bietet das schlichte IBIS ein sehr gut bestücktes Frühstücksbuffet mit sensationell guten Croissants. Dann besichtigen wir bei zunächst strömendem Regen und sehr übersichtlichen Temperaturen mit einem ausgezeichnet deutsch sprechenden Führer die Oberstadt mit ihren vielen Fachwerkhäusern: Die Stadtmauer (13. Jh) – es sind immerhin 1,2 km erhalten - und das Tor St Jean, die Zehntscheuer, die während der Messezeiten an Händler vermietet wurde, den Place du Châtel und das Machtsymbol der Grafen der Champagne, den Cäsarturm (12. Jh), den die meisten von uns erklimmen, um die schöne Aussicht über das Städtchen und das liebliche Umland zu genießen. Am Nachmittag – es ist wieder schön geworden – zeigt uns der Führer noch das Stadtmuseum mit u.a. einer Babyklappe aus dem 18. Jh. und wandert mit uns die Stadtmauer entlang. Schließlich stehen wir in der nie vollendeten Stiftskirche Saint-Quiriace, daher mit nur kurzem Langschiff, mit ihrem beein-druckend hohen, gotischen Innenraum. Abends gibt es im Hotel rohes Gemüse mit Saucen, Ente und Pannacotta. Es ist sehr kühl geworden, und es stürmt, aber Gewitter finden woanders statt. 

Am Donnerstag fahren wir bei grauem und sehr kühlem Wetter zum pompösen Schloss Fontainebleau, UNESCO Weltkulturerbe, in dem seit dem 12. Jh bis Napoléon die Könige ihre Apartments eingerichtet haben. Papst Pius VII. verbrachte hier 1812–1814 seinen Hausarrest. Fontainebleau, verpartnert mit Konstanz, ist von ca 15.000 Hektar, einem der größten zusammenhängenden Waldgebiete Europas, umgeben. Es gibt Siedlungsspuren bis in die Steinzeit. 1067 kaufte der König den größten Teil dieses Landes und baute ein Jagdschloss. Ludwig IX. der Heilige errichtete zusätzlich ein Krankenhaus. Hier wurde Philipp der Schöne geboren. Franz I. baute dann ein richtiges Schloss. Unter Ludwig XIV wird der Wald weiter aufgeforstet. Das Edikt von Fontainebleau von ihm vertrieb die Hugenotten. Napoléon dankte hier ab: 34 Herrscher blieben dem Schloss über 700 Jahre treu. Viele Touristen und Schulklassen schlendern wie wir mit Videoguides durch die endlosen Räume der diversen Flügel, die sog Bibliothek, die prachtvolle Galerie von Franz I., der unter Ludwig XVI. fertiggestellten Schloßkapelle mit sehr viel Marmor, den Ballsaal (16. Jh), etc. Den sonnigen Nachmittag verbringen wir im hübschen, gepflegten Örtchen Barbizon, geliebt von Freiluftmalern wie Corot, Millet, Théodore Rousseau, etc. dank der 1844 eingerichteten Zugverbindung mit Paris. Wir besichtigen ihren damaligen Treffpunkt, die Auberge Ganne, und kommen im Wald, bei den Felsen – eine Felsformation ähnelt gar einem Elefanten – , auf dem „Circuit des Peintres“, ihren Motiven auf die Spur. Auf dem Parkplatz werden die restlichen Kuchen verspeist, zu Kaffee und/oder Rotwein. Abends essen wir vergnügt in Provins im liebevoll dekorierten Restaurant Croix d’Or, dem ältesten der Stadt, beäugt von Ritterrüstungen. Es gibt eine hausgemachte Geflügelterrine, Entenconfit mit Kartoffelküchlein, einen regionalen Brie und Apfel-kuchen. 

Am Freitag steht das charmante Schloss Vaux-leVicomtemit seiner berühmten Gartenanlage auf dem Programm. Das Schloss gehörte Nicolas Fouquet, dem Finanzminister von Louis XIV. Er hatte die damals innovative Idee, den Architekten Louis Le Vau, für die Innenausstattung Charles Le Brun und für die Gartenanlage Charles Le Nôtre zusammen für ein Gesamtkunstwerk zu engagieren. Am 17.08.1661 organisierte Fouquet für seinen König und 1.000 Gäste ein gewaltiges Fest incl Feuerwerk. Kurze Zeit später wurde er verhaftet; die Inneneinrichtung und große Teile der Gartenanlage wurden nach Versailles gebracht…Le Nôtre hat ab 1662 die Gartenanlagen von Versailles geschaffen und wurde 1675 in den Adelsstand erhoben. Es ist leider grau, so um die 15 Grad kühl und ungemütlich windig. Gegenüber der Schloßanlage, auf einem Hügel, steht eine vergoldete Statue des Herkules, von der aus sich ein phantastischer Blick auf die Gesamtanlage mit ihren vielen symmetrisch angelegten Wasserbassins bietet. Unverständlicherweise sind alle Wasserspiele abgestellt, und es wird, trotz Hauptsaison, überall im Park heftig gewerkelt. Auch hier befinden sich viele Touristen und Schul-klassen. Mit dem Audioguide durchschreiten wir die geschmackvoll dekorierten Räume und im Untergeschoss den Gesindesaal und die riesige Küche, auf deren gewaltigen Arbeitstisch ein Wildschwein abgelegt ist. Obelix läßt grüßen! In einem Verließ wird gar „der Mann mit der eisernen Maske“ von einer Puppe verkörpert, der bei Intrigen rund um das Königshaus eine zentrale Rolle gespielt, ja möglicher-weise sogar des Königs Halbbruder gewesen sein soll… Am Nachmittag hatten wir „frei“ für z.B. die Unterstadt von Provins mit der Kirche St. Ayoul, dem Turm Notre-Dame-du-Val, dem Jardin Garnier und vor allem dem Rosengarten. Schließlich ist Provins auch die „Stadt der Rosen“. Abends essen wir im Hotel, es ist wieder sehr gut mit Caprese, Entenschlegel mit Kürbissauce und Schokoladenküchlein mit Himbeeren. 

Am Samstag fuhr uns Rolf Farrenkopf gemütlich zurück ins warme Schriesheim.

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